Prekäre Disparitäten

Warum die Grenze zwischen den USA und Mexiko nicht Länder, sondern Welten trennt.
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Situation

Die Grenze zwischen den USA und Mexiko trennt nicht nur die beiden Staaten voneinander. Sie trennt auch Arm von Reich. Weltweit gibt es nur wenige Staaten, wo das Entwicklungsgefälle dermaßen unteschiedlich ist.
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HDI der USA (Rang 5)

Human Development Index

Der Human Development Index, kurz HDI und zu deutsch Index für menschliche Entwicklung bezeichnet einen Wohlstandindikator. Im Gegensatz zu anderen Klassifizierungen wie beispielsweise das Bruttonationaleinkommen pro Kopf (BNE) bezieht der HDI zahlreiche soziale Faktoren ein. In die Berechnung fließen das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (BIP), die Lebenserwartung der Bevölkerung des jeweiligen Staates und die Alphabetisierungsrate als Indikator für den Bildungsgrad und die Teilnahme am politischen Leben mit ein. Der HDI teilt die Staaten der Welt in einen reichen Norden und einen armen Süden ein. Die Vereinigten Staaten werden wie beispielsweise auch der Großteil von Europa dem reichen Norden zugeordnet. Mexiko jedoch fällt in den Bereich des armen Südens.
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HDI Mexiko (Rang 71)

Reiche USA, armes Mexiko

Während die Vereinigten Staaten mit HDI-Rang 5 zu einem der wohlhabendsten Staaten der Welt zählen, ist in dem im Süden der USA gelegenen Nachbarstaat Mexiko eine stark differente Situation vorherrschend. Ein Großteil der Bevökerung der mexikanischen Bundesrepublik lebt in Armut und hat kaum Aussichten auf eine Besserung der Situation. Die Grenzregion zu den USA jedoch stellt für viele Mexikaner einen Lichtblick dar. In sogenannten Twin Cities, unter denen man Doppelstädte, von denen sich die eine Hälfte auf amerikanischem und die andere auf mexikanischem Boden befindet, versteht, ist die wirtschaftliche Situation eine bessere als in anderen Teilen von Mexiko. Für viele Mexikaner ist ein Arbeitsplatz in der Grenzregion die einzige Hoffnung auf ein besseres Leben.

Grenzverlauf

Die Grenze zwischen den USA und Mexiko, oftmals auch als sogenannter "Tequila-Vorhang" bezeichnet, erstreckt sich über 3.200 km lang vom Pazifik bis zum Golf von Mexiko. Von dort aus verläuft sie entlang des schmalen, seichten Flusses Rio Grande oder Rio Bravo del Norte, wie er in Mexiko genannt wird bis Ciudad Juarez. Der andere Teil der Grenze verläuft quer durch die Chihuaha-Wüste, Sonora-Wüste und schließlich im Norden der Halbinsel Baja California bis Tijuana.

Die Twin-Cities

Entlang der Grenze sind in den letzten 100 Jahren große, voneinander isolierte Twin-Cities entstanden. In den Städten, von denen sich die eine Hälfte auf amerikanischem und die andere auf mexikanischem Boden befindet prosperiert die wirtschaftliche Situation und die Stadthälften interagieren aktiv miteinander.
San Diego
Amerikanische Twin-City
El Paso
Amerikanische Twin-City
McAllan
Amerikanische Twin-City
Tijuana
Mexikanische Twin-City
Ciudad Juarez
Mexikanische Twin-City
Reynosa
Mexikanische Twin-City

Wachsende Wirtschaft

Die mexikanischen Teilen der Twin-Cities weisen die prozentuell höchste Zuwanderungsrate des gesamten Landes auf. Die Grenzregion ist jener Teil von Mexiko, der das stärkste Bevölkerungswachstum zu verzeichnen hat. Insgesamt wird die Gesamteinwohnerzahl der Region auf ca. 10 Mio. Menschen geschätzt, aufgrund der hohen Fluktuationsrate sind genaue Daten jedoch nicht vorhanden. Tijuana, Ciudad Juárez und Reynosa stiegen in den letzten 50 Jahren in die Liste der größten Städte Mexikos auf. Durch die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung mit dem Süden der USA gehört zu Grenzregion heute zu den am schnellsten wachsenden Regionen Mittel- und Lateinamerikas. Sie ist eine Art wirtschaftlich dynamische Insel, die mehr mit den USA und dem Rest der Welt verflochten ist als mit den mexikanischen Wirtschaftszentren.

Die Maquila-Boomtowns

Bereits in 1960er-Jahren begannen ausländische Konzerne billig produzierende Exportindustrien in den Städten des mexikanischen Nordens anzusiedeln. Wie auch in Asien befinden sich in der Grenzregion zahlreiche Billiglohnfabriken, in denen die Arbeitsbedingungen schlecht sind. Da die Region jedoch die wirtschaftlich aktivste des ganzen Lande ist, zieht es einen Großteil der Mexikaner in die Gegend, selbst wenn sie die dortige Arbeit unter teilweise unmenschlichen Umständen verrichten müssen. Die Fabriken werden "Maquiladoras" oder auch "Maquilas" genannt und befinden sich in sogenannten "freien Produktionszonen". Arbeitsintensive Produktionsbereiche von multinationalen Unternehmen werden in die freien Produktionszonen oder auch "Sonderwirtschaftszonen" verlagert, da hier eine kostengünstigere Produktion möglich ist.

Eine hohe Unterbeschäftigung und hohe Inflation verschlechtern den Lebensstandard von rund zwei Dritteln der mexikanischen Bevökerung. Die Arbeitsplätze in den Fabriken der Sonderwirtschaftszonen der Grenzregion sind daher sehr begehrt. Obwohl die Arbeitsbedingungen in den Maquilas schlecht sind, bietet die höchsten Löhne innerhalb der mexikanischen Industrie. Die Probleme die in Verbindung mit den Billiglohnfabriken auftreten, sind jedoch prekäre.

Probleme

Aufgrund der wirtschaftlich und politisch prekären Situation in den Twin-Cities und der gesamten Grenzregion zwischen den USA und Mexiko ergeben sich zahlreiche Probleme, die die Gesamtsituation im betroffenen Gebiet verschlechtern.

Keine Regelung

Sämtliche Mindestlöhne, Arbeitszeiten und die gesamten Arbeitsbedingungen sind nicht gesetzlich geregelt.

Keine Versteuerung

Gewinne werden sofort und unversteuert an die internationalen Konzerne, die im Ausland befinden transferiert.

Keine Auflagen

Normale Arbeitsgesetzte und Auflagen betreffend Umweltschutz gelten in diesen sogenannten Sonderwirtschaftszonen nicht.

Hohe Kriminalität

Die Kriminalitätsrate in den Twin-Cities ist aufgrund des Fehlens von Sicherheitspersonal eine der höchsten weltweit.

Keine Zölle

Der Staat kann und darf keine Zölle auf die Einfuhr von Rohstoffen und Maschinen für die Produktion erheben.

Verpflichtungen

Der Staat muss sowohl die Gebäude für die Produktion, als auch die gesamte Infrastruktur für die Produktion bereitstellen.

Arbeitsbedingungen

Beleuchtung und Belüftung in den Maquilas sind sehr schlecht, zumal die Mitarbeiter ohne Schutz mit giftigen Substanzen hantieren.

Drogenzentren

Die Städte werden aufgrund der wirtschaftlich prekären Lage zu Zentren für Drogenschmuggel und werden von der Drogenmafia kontrolliert.
90
Prozent der illegalen Einwanderer in die USA, die gefasst werden, sind mexikanische StaatsbürgerInnen.
+7
Prozent Zuwanderungsrate betreffend den Bevölkerungswachstum verzeichneten die mexikanischen Twin-Cities in den letzten Jahren.
80
Millionen Einwohner leben Schätzungen zufolge in der Grenzregion zwischen den  USA und Mexiko.
10
Prozent aller neuen industriellen Arbeitsplätze in Mexiko wurden durch die Billigwohnfabriken in der Grenzregion geschaffen.

Fazit: der lateinische Ausdruck "Disparität" bezeichnet ein Nebeneinander von Ungleichem. Ein Nebeneinander von Ungleichem, für das vor allem das Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko ein hevorrangendes Beispiel ist. Ob sich die prekäre Situation rund um den "Tequila-Vorhang" irgendwann bessern wird, ist fraglich.

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